Filmer aus Berlin: Dan Schulz

Dan war letzten Winter oft in der Halle, nicht zum Skaten sondern zum Filmen. An einem Abend war es sogar soweit, dass er über 12 Stunden hinter der Kamera stand. Er hatte morgens um 10 Uhr angefangen, den ganzen Tag draußen gefilmt und abends noch die Energie gefunden sich in die Halle zu stellen, um für seinen Clip zu filmen. Wer macht sowas? Jemand für den Skaten und Filmen etwas ganz besonderes ist, nicht nur Tricks festzuhalten, eher ein paar Minuten Freude zu produzieren, die man sich immer und immer wieder anschauen kann, ohne dass es langweilig wird. Seine Styleshots sind berühmt berüchtigt und wenn er hinter der Kamera steht ist er zurückhaltend und vordernd zugleich. Und wenn er am Rechner sitzt und seine Footage schneidet, ist das für ihn Urlaub.


 Dan Schulz


Vor 20 Minuten hast du dein Board kaputt gemacht, weil du bei der Line gewackelt hast. War das dein erstes Board, das du durchgetreten hast?

In Zusammenhang mit Filming auf jeden Fall. Da ist es eben mit mir durchgegangen, ich weiß auch nicht so recht. Wenn das eben nicht perfekt ist, regt mich das übelst auf. Ich veröffentliche das dann schon, weil es im Endeffekt nur auf das Skaten ankommt. Ich versuche Skaten in ein gutes Licht zu rücken und da gehört für mich eben auch perkertes Filmen dazu. Ohne Wackeln ohne Sketch, es muss einfach gut aussehen.

Glaubst du die Sachen, die du falsch machst sieht man oder braucht man ein Auge dafür?

Ich glaube dass 95% der Leute das nicht sehen, aber die Leute, die das ernst nehmen oder das gewisse Hintergrundwissen haben, können das schon einschätzen. Alleine schon wegen meinem Hang zum Perfektionismus geht das einfach nicht klar.

Wie lange bist du denn schon hinter der Kamera?

Boah, ich glaube die ersten Videos habe ich mit 12 oder 13 mit einer kleinen Digicam gemacht. Immer Batterien gekauft und dann zum Skatepark. Also so um die 7 Jahre schon.

Wann hast du dir dann die erste „richtige“ Kamera gekauft?

Na ja, vor der Digicam hatte ich noch so eine Hi-8-Kamera von meinem Papa, danach dann wie gesagt die Digiknipse, danach wiederrum kam eine MiniDV, ohne Handle und in der 10. Klasse hatte ich dann meine erste VX 1000. Ein Jahr später war die aber Schrott und ich habe mir die 2100er gekauft. Mit der filme ich bis heute noch und feier' das übelst [lacht].

Hast du schonmal was zu Schrott gemacht? Board ins Fisheye oder auf den Boden gehauen?

Ja, also eins ist jetzt hinüber, da hat mir der Vaddi [Sascha Melcher] sein Nose mit der Seite wo das Grip drauf ist, hineingerammt. Bääm. Da war der Tag denn gelaufen. [Anm. d. Red.: Das Interview wurde einen Tag vor diesem Ereigniss gemacht und Dan meinte damals: "Damit bin ich glücklicherweiße gut weggekommen"]

Glaubst du es geht so weiter?

Ich hoffe nicht. Positiv in die Zukunft schauen ist das Wichtigste. [Hier hieß es: "Ich hoffe es"]

Apropos Zukunft: Du hast jetzt die nächsten Monate die „Dan's VX-Days“ (#1, #2) bei place.tv. Wie kam es dazu?

Eigentlich ging das mit Benni [Markstein] und Sebi [Vellrath] los. Ich habe zum Beispiel beim Chinchilla-X-Down die zweite Kamera gemacht. Sebi hat mir seine HD-Cam gegeben und für deren Clips hab' ich dann Footage dazugesteuert. Na ja, dann sind wir eben ins Gespräch gekommen, ob ich nicht mal Lust hätte eine eigene Montage zu machen, worauf ich natürlich super Bock hatte. Ich fand das richtig geil, dass die auch mal was eigenes von mir sehen wollten. Ich hab' dann erstmal was geschnitten und die beiden waren zufrieden damit, ich war auch zufrieden und jetzt geht das eben seinen Lauf. Da wird auf jeden Fall mehr kommen. Ich bin motiviert und hoffe, dass es so weiter geht.


Kickflip in die Bank mal anders


Du hast aber nebenher noch ein anderes Projekt am laufen, richtig?

Genau, ich filme schon seit dem Frühjahr 2012 für ein Full Lenght Video. Hauptsächlich natürlich Footage aus Berlin, aber ich nehme auch Zeug aus anderen Städten. Wer weiß wo es mich hinverschlägt. Es gab ja schon viele Berlin-Videos, siehe Blechi. Dirk wird sein's demnächst auch raushauen. Man darf gespannt sein [lacht].

Wer ist denn alles dabei?

Pascal Reif, Ilja Judizki, Farid Ulrich, Danny Goodman, Timbo, Valentin Ott, ein Newcomer, der ziemlich underrated ist. Einfach die ganze Szene.

Das ist ziemlich viel, was du da auf dem Plan hast. Wie oft gehst du in der Woche filmen?

Im Moment läuft es echt gut, ich habe die letzten Monate non-stop Gas gegeben. Weniger als fünf Mal pro Woche war es nie, eher mehr. Das wird in nächster Zeit wahrscheinlich aber weniger, weil ich eine Ausbildung zum Mediengestalter in Potsdam anfange. Auf einer Seite nervt mich das natürlich, weil ich beides gerne machen will und in beides gleich viel Zeit investieren will. Da muss ich jetzt einen gemeinsamen Nenner finden.

Kannst du das nicht einfach auch kombinieren? Also in ein Projekt einarbeiten. Sozusagen 2 Fliegen mit einer Klappe schlagen?

Das habe ich mir natürlich auch schon überlegt. Ich muss zum Beispiel ein Praktikum machen, dass ich auf jeden Fall mit Skaten verbinden werden. Ich schau einfach mal welche Projekte mir bis dahin offen stehen.

Wie sieht für dich ein richtig guter Tag hinter der Kamera aus?

Also zuerst muss das Wetter stimmen, bei 25°C bin ich schon glücklich [lacht]. Dann braucht man auf jeden Fall eine gute Crew, was hier in Berlin niemals ein Problem ist. Dann muss natürlich auch die Footage stimmen, also Quantität und Qualität. Ich muss dann eben auch mit mir selbst zufrieden sein, also kein Wackeln. [lacht] Den Abend mit einem Bierchen ausklingen lassen, vielleicht noch feiern gehen, wenn Wochenende ist. Einfach Spaß haben eben.

Würdest du uns deine drei Lieblings-Skatevideos veraten?

Die alten Transworlds, die mit VX gefilmt wurden, fande ich schon immer geil. Jason Hernandez bringt Skateboarding einfach so rüber wie es sein muss. Immer die richtigen Winkel, er weiß genau wann er Long-Lense oder Fisheye filmen muss und alles ist mega flüssig und smooth. Der Typ ist fast ein Roboter. Ganz oben steht auf jeden Fall das neue Think-Video Business As Usual (!!!). Als zweites Emerica – Stay Gold, guter Soundtrack, Super8-Aufnahmen, einfach eine perfekte Mischung. An dritter Stelle würde ich Yeah Right! sagen. Das habe ich mir bestimmt einhunderttausend Mal angeschaut. Das war für mich einfach ein Meilestein.

Dans Eqiupment beschränkt sich eigentlich auf seine Kamera und ein Stativ. Sein halber Rucksack ist voll mit Klamotten, die die Kamera an ihrem Platz halten.

Hast du auch Lieblings-Filme außerhalb vom Skaten?

Forrest Gump. Den Film feier' ich ab. Der Typ hat einen guten Film gemacht, aber keine Ahnung wie der Regisseur heißt [lacht]. Das ist auch schon wieder sowas. Ich habe keine richtige Passion zu Filmen, obwohl es eigentlich nahe liegt. Ich schau' mir gerne Filme an, aber Skateboarding hat einfach mein Herz eingenommen.

Liest du viel?

Ich müsste lügen: Nein. Ich komme voll ungebildet rüber [lacht]. Jedoch hab' ich letztens wieder ein gutes Buch entdeckt, von Ferdinand von Schirach - "Verbrechen". So'n Krimiding.

Stehst du manchmal auch vor der Kamera?

Ich habe das Gefühl jeder Mensch, der gerne filmt oder Fotos macht steht ungern vor der Kamera. Ich persönlich auf jeden Fall ganz selten.

Von dir gibt es dann auch keine Skate-Footage?

Ne, höchstens in den Digi-Cam-Videos [lacht]. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann von mir das letzte Mal ein Trick gefilmt wurde. Das ist auf jeden Fall schon ewig her.

Wie stehst du zu dem Internet-Clip-Geballer? Früher gab es zwischen den Videos ein halbes Jahr Zeit und heute gibt es jeden Tag 5 neue Clips, die man sich reinziehen kann.

Ich bin dem gegenüber ziemlich offen, weil ich ja selber bisher auch nur Clips im Internet veröffentlicht habe. Für mich hat ein Video mit Premiere und das dann auf DVD rauskommt auf jeden Fall einen höheren Stellenwert, ganz klar, weil sich alle den Arsch aufgerissen haben, um das zu realisieren.

Ich muss dir die Frage eigentlich nicht stellen, trotzdem: HD oder MiniDV?

Die beiden Lager... [schmunzelt] Die Technik entwickelt sich weiter und dann kommt da HD raus, aber HD entspricht einfach in Skateboarding nicht meiner Ästhetik. Ich finde das 4:3-Bild einfach perfekt gemacht mit der Vig [Vignettierung - Ränder, die man beim VX-Fisheye sieht] von der VX. Da gibt’s für mich nicht besseres. Ich glaube ich muss mich langsam an dieses HD-Zeug gewöhnen. Ich schauen mir zumindest schonmal HD-Zeug an und klick das nicht weg, wie früher. Ich bin eher so der Beagle-Fan. VX!!! Film or die, digga! [lacht]

Was würdest du einem Anfänger raten, der jetzt unbedingt filmen will?

An erster Stelle Spaß am Filmen haben. Ich würde ihm raten den Ball flach zu halten und sich nicht gleich die dickste Kamera, die es auf dem Markt gibt zu kaufen. Wenn das irgendwann keinen Spaß mehr macht, war es das eben, alles andere kommt von selbst. Man entwickelt sich stetig weiter, wenn man Bock darauf hat. Da gibt es eigentlich keine Ratschläge, einfach mal machen. Das ist wie beim Skaten, wenn man keinen Bock hat, ist man eben falsch. Mir haben Internetforen sehr geholfen.

Damit wären wir dann eigentlich auch durch mit den Fragen. Hast du noch was zu sagen?

Ich danke auf jeden Fall schonmal Berlin und dass mir die Stadt die Möglichkeit gibt, das zu machen, auf was ich Bock habe. Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass mein Name mal auf der Place-Seite steht. Das macht mich schon ein bisschen stolz. Ich danke natürlich auch den Leuten mit denen ich losziehen darf, ohne die wäre ich gar nichts. Sonst könnte ich Natur-Dokus drehen oder so. [lacht]
Auch Dank an dich Bo für die Mühe die Interview-Serie auf die Beine zu stellen! Ich glaub das hat jeden von uns Filmern gefreut.
Ja, jetzt weiß ich auch nicht mehr was ich sagen soll. Vielleicht noch über mein Hang zum Perfektionismus?!

Keine Ahnung, bist du denn so perfektionistisch?

In der Sache auf jeden Fall.

Kommt das von den TWS-Videos?

Ja, auf jeden, das hat mich sehr geprägt. Das ist eben mein Standard, so will ich das haben.

Ich gehe aus zwei Gründen filmen: Erstens um Tricks zu dokumentieren und zweitens das anderen zu zeigen und zugänglich zu machen was wir jeden Tag für Spaß genießen dürfen. Deshalb mag ich auch Styleshots so gerne. Jeder Skater der mich kennt, weiß dass ich immer noch „hier mal 'ne Anfahrt“ oder „stell dich mal da so hin“ sage. Die machen auch immer mit, was echt geil ist. Die kommen aber auch gar nicht drumherum. [lacht] Auch um die Atmosphäre aufzuzeigen oder auch bei Leuten, die nichts mit Skaten zu tun haben, Interesse zu wecken, dass diese dann im besten Falle denken "Wow, geiler Clip". Der Clip soll einfach eine Geschichte erzählen und nicht nur Trickgeballer.

Findest du Zero-Videos dann scheiße?

Nein, die dürfen das. Die sind aber auch die einzigen. Und mit was filmen die? VX! [lacht]

Das ist doch ein schönes Schlusswort. Danke, Dan.

Ich danke dir.