Filmer aus Berlin: Dirk Lamprecht

Es war lange Ruhe in dieser Rubrik, aber der Zeitpunkt könnte nicht besser sein, denn Dirks Full Length steht vor der Tür. Dirk hat es geschafft dieses Interview bis zur letzten Minute herauszuzögern. Das Wetter und seine Verletzung hatten uns in den letzten Woche leider einen Strich durch die Rechnung gemacht, als wir es immer wieder versucht haben ein Skatefoto zu schießen. Er war trotzdem unterwegs und hat für sein Video gefilmt. Unermüdlich, wie ein stürer Esel. Selbst wenn es nur 10 Minuten am Spot waren. Schon vor Wochen hatte ich ihn gebeten zumindest das Interview zu machen. Er wollte nie so recht und war immer etwas unsicher und aufgeregt, sobald ich ihn darauf angesprochen habe. Das war am Ende auch der Grund, warum das Interview spontan in der Ringbahn entstand, wo er sich ein bisschen ablenken konnte und, wie er sagen würde, eine angenehme Atmosphäre herscht.
 
Dort, wo er sich gerne rumtreibt: Auf der Straße.


Hi Dirk, gib' uns doch mal deine Eckdaten. Also, Alter, Herkunft und solche Sachen.

Dirk Lamprecht, geboren in Berlin-Wilmersdorf, Martin-Luther-Krankenhaus, 33. Und fahre seit 20 Jahren Skateboard, ich habe mein erstes Board... eigentlich sogar noch länger. Mein erstes Skateboard hatte ich in der Grundschule mit einem Kollegen. Wir sind in der fünften Klasse das erste Mal zusammen gefahren. Dann ziemlich lange mit meinem kleinen Bruder. Schöne Ollies hatte der.

Hattest Du mal eine Pause?

Ja, zwischen drin, so mit 14 Jahren, habe ich die elektronische Musik für mich entdeckt und bin damals, ohne wirkliches Interesse für Musik, auf eine Mayday gefahren und seit dem begeistert mich elektronische Musik. Bei dieser ersten Veranstaltung habe ich dann 14 Std. ohne Drogen durchgetanzt. Irgendwann kam mein kleiner Bruder dann mit 'nem Drum and Bass Tape nach Hause und… ja des ist dann so zu unserem Hauptgenre geworden. Hab' bestimmt noch 300 D'n'B-Platten zuhause rumstehen. Das habe ich dann 'ne Weile durchgezogen. Hatte aber immer 'n Skateboard in der Ecke stehen und bin ab und an gefahren.

Du hast auch mit anderen Sachen durchgezogen, oder?

Ja, klar habe ich mit anderen Sachen durchgezogen. Irgendwie kommt man mit Drogen in Berührung wenn man viel auf Partys ist. [lacht] Ich nehme aber seit über acht Jahren keine Drogen mehr und trinke auch nicht mehr! Jetzt fangen wir gleich mit sowas an?! [lacht]

Es war so naheliegend, die Musik war eh im Gespräch und das gehört ja irgendwie auch dazu oder nicht?

Auf jeden Fall! Wobei ich bei dem Thema auch immer sagen muss, dass die Szene da früher, glaube ich, mehr musikfixiert war. Also, wir sind auf Partys gegangen um Musik zu hören und haben Drogen genommen, nicht andersherum. Also nicht um Drogen zu nehmen auf Technopartys zu gehen so kommt mir das heute vor. Weeste, Wochenende druff durchfeiern und am Montag wieder RTL Radio anmachen.
[Eine Frau, die uns beim Einsteigen blöd angemacht hat, steigt aus. Sie hat einen Kuchen zum 91. Geburtstag dabei und schaut verdutzt, was wir hier eigentlich machen. Wir wünschen alles Gute.]

So, jetzt ich den Faden verloren...

Kommen wir doch mal darauf, dass du selber Musik machst.

Ne, das ist, glaube ich, ein zu großer Sprung.

Du willst also nicht über deine eigene Musik sprechen?

Ach, ich weiß nicht... Ich habe halt die ersten Clips immer mit Beats von mir gemacht. Kam auch mit relativ geteilter Meinung an. Also Skateclips mit elektronischer Musik zu machen. Ich fand's halt geil. Aber das ist trotzdem auch nur so eine Sache von vielen. Das war schon immer mein Problem, dass mich so viele Sachen interessiert haben die kreativ sind, die ich aber dann nie so richtig ausgebaut habe und auch nichts so zu 100 Prozent kann.

Was hast du denn sonst noch so alles ausprobiert? Malen, Lesen, Schreiben?

Also gelesen habe ich nie viel, schreiben noch weniger, ich weiß gar nicht wie ich das Abi geschafft habe. [lacht] Lesen und Schreiben waren nie so meine Stärken, aber ich hab' mal ein ganz kleines bisschen die Stadt verschönert. Also Lackfarbe mit Hochdruck in kleinste Partikel zerstäubt und an Häuserwände gebracht.

Daraus ist aber dann auch nichts so richtig geworden.

Doch, also ich hab' das schon eine Weile gemacht. Ich hatte halt direkt am Bundesplatz 'ne Hall of Fame. Da hab ich dann viel rumgehangen. Ich bin bestimmt fünf Jahre durch die Gegen gerannt. Viel mit meinem Bruder und ein paar anderen Leuten. Ich bin auch ein paar Mal erwischt worden, hatte aber immer Glück, weil ich nur Geldstrafen bekommen hab, so easy Strafjobs machen oder halt die Wand dann wieder sauber machen musste. Gute Jugendgerichtshilfe hatte ich da. Ich bin immer wieder durch's Raster gefallen bzw. wusste schon relativ früh was die Erwachsenen hören wollten.

Also bist du ein Allround-Talent.

Ich bin eben kein Talent. [lacht] Ich glaube, dass Geheimnis bei jeglichem kreativem Output ist, die Sache ernst zu nehmen, sich aber selbst wiederum nicht zu ernst nehmen und mit der Sache zu wachsen. Alles ist Subjektiv. 

Noseslide (Shove-it)


Das ist eine super Einstellung. So, dann kommen wir mal zu Skaten und Filmen. Wie lange filmst du denn schon?

[Die Fahrscheine werden kontrolliert, der Kontrolleur will nichts zum Interview beitragen]

Also... Ich hatte irgendwann mal eine Hi-8-Kamera mit der ich ein bisschen gefilmt habe, leider hat das gute Stück nicht allzu lange gelebt. Ich bin irgendwann mal Treppen runtergesprungen...

...mit der Kamera im Rucksack...

...ja, ich hatte was getrunken, wir wollten los und ich dachte ich fahre da mal eben die Vierer runter, bin aber Wheelbite gelandet und bin voll auf dem Teil gelandet. Das war's dann auch erstmal für eine Weile. Irgendwann habe ich Moritz Holzweißig kennengelernt und kurze Zeit später hatte ich mit ihm und Herrn Blechschmelze ein Date. Moritz und Herr Hambach wollten etwas an der Charité filmen... Die haben mich noch eine Stunde warten lassen, die Penner! Weil Amnon seinen Trick nicht geschafft hatte. Das war auch zu der Zeit, als Phillipp seinen Output aufs vielfache erhöht hat und wir regelmäßig feine Clips zu sehen bekommen haben. Schade, fehlt mir ein wenig. Ich bin großer Fan von Blechschmelze. Moritz kam an dem Tag zu mir und meinte: "Ey, Dirk, der stellt die Videos auf YouTube." Ich hatte ein riesen Fragenzeichen im Gesicht und hatte keine Ahnung was YouTube ist. Irgendwann kam eben dieser Clip mit Motitz und mir. Danach hab' ich mir erinnert, dass ich das ja auch mal gemacht hatte und hab' mir eine Digital-8 von einem Freund ausgeliehen. Ich wollte das Ding für eine Woche und hatte es am Ende drei Monate oder so. [lacht] Ich habe dann mit Simon, Moritz und Woodie (an dieser Stelle schöne Grüße) auch einen Clip gemacht und bei YouTube hochgeladen.

Und dann hast du einfach weiter gemacht.

Ja, ich hatte schon länger Bock auf eine neue Kamera, bzw. musste die alte sowieso abgeben. Dann hab' ich mir eine Panasonic GS500, oder wie die scheiß Dinger heißen, geholt. Danach kam VX, dann DVX, dann Z1 und jetzt Fotoapparat. [lacht].

Weißt du noch, wann du dein erstes Video hochgeladen hast?

Ungefähr vor 5 Jahren, also noch nicht so lange her.

Kommen wir mal dazu, dass du Elektriker gelernt hast und jetzt Soziale Arbeit studierst. Wie kam das denn zustande?

Wie ich vorhin ja schon gesagt hatte, habe ich mich recht früh im Party-Geschäft rumgetrieben, was Auswirkungen auf meine schulischen Leistungen hatte. Als ich es dann irgendwann, irgendwie geschafft habe meinen erweiterten Hauptschulabschluss zu machen, hieß es danach: Was machen? Ich wollte eigentlich immer Erzieher, Elektriker oder Koch werden. Nach einem Praktikum in einer Küche wusste ich, dass ich nicht Koch werden wollte. Ich hatte dann die Wahl zwischen einem halben Jahr auf eine Erzieherstelle warten oder direkt mit der Ausbildung zum Elektriker anzufangen. In dem Moment hab' ich einfach gedacht: Scheiß drauf, ich zieh's durch! Und so bin ich Elektriker geworden. Ich find' den Beruf auch gar nicht so kacke, als ich aber nach der Ausbildung ein bisschen gearbeitet hatte, hab' ich gemerkt, dass es auch nur ein Bauberuf ist und ich darauf keinen Bock hatte. Na ja, ich hab dann den Realschulabschluss nachgeholt und  nebenbei in der Skatehalle als Trainer gearbeitet. Dort kam damals dann Anna Groß auf mich zu und hat mich gefragt ob ich nicht Lust hätte für Cultures Interactive e.V.  eine Gruppe Skater in Genthin zu betreuen. Bei dem Projekt ging es darum, den Jugendlich bei der Gründung eines Vereins usw. zu helfen. Mit denen hab ich dann auch ein Video gemacht. Das wurde dann auf der Abschlussveranstaltung zu dem Projekt gezeigt. Am Ende haben die Jugendlichen dann in Genthin selber Workshops gegeben. War 'ne coole Geschichte. Ich arbeite immer noch viel für Cultures, habe zwei Dokus für die  gemacht und war gerade auf einem Schulprojekt-Tag.  Ich sehe da auch viel potenzial mit Subkultur politische Themen aufzugreifen.
Dann kam dann eins zum anderen. Hab' dann noch mein Abi nachgeholt und dann auch recht schnell gemerkt, dass man mit Medien auch viel im sozialen Bereich machen kann. Da war die Entscheidung dann recht einfach und naheliegend.



So, sprechen wir mal über dein Video "Something with friends". Wie lange hast du dafür gefilmt?

Drei Jahre. Also von der ersten Idee bis jetzt sind es zwei einhalb Jahre, ja. Sagen wir mal so, es ist drei Jahre alte Footy dabei. Die Idee zu dem Video kam sehr Spontan. Ich habe zu der Zeit etwas mehr aufgelegt. Dann kam eine relativ große Veranstaltung von einem Freund und die wollten auch ein Kino machen. Ja dann habe ich innerhalb sehr kurzer Zeit 25 min. für die Party geschnitten. Dabei hab ich gemerkt wie viel Bock ich eigentlich hatte mit meinem Freunden auch ein komplettes Video zu machen. Ja kurz danach hab ich dann mal einen Clip hochgeladen in dem Something in progress stand. So als kleine Anspielung, dass ich das jetzt versuche anzugehen. Ja und.. Ich fand Something irgendwie cool. Weil, wie ich ja eben schon gemeint habe, dass man sich nicht zu ernst zu nehmen soll, für mich wichtig ist. Also, Titel: "Something". Etwas Weiteres in unserem Videokosmos. Und "with friends", weil ich gern mit den Leuten die gefeaturet werden rumrenne.
Wir haben uns nach und nach gefunden und haben ja, wie du weißt, irgendwann den Schundblog gestartet. Ich denke, dass Schund auch genau diese Philosophie verfolgt. Also das mit dem nicht zu ernst nehmen. Einfach das zu machen auf was man Lust hat. Ich mein', da kommt den einen Tag der „Arschschlauch“ und am nächsten Tag sehen wir eine erstklassige Fotoserie.

Was erwartet uns?

Es ist doppelt so lange geworden, wie gedacht, also 50 Minuten. Zu sehen gibt es Moritz Holzweißig, Paul Simon, Niels Rost, Adrian Neef, Julius Lehmann, Julian Thyssen, Nahuel Kirchhof, Simon Radow und Simon Neumann, falls letzterer noch jemandem ein Begriff ist. In der kurzen Zeit in der er hier war echt abgelieft hat und ich es super schade finde, dass er wieder weggezogen ist, weil wir viele Gemeinsamkeiten hatten. Er ist gerade ziemlich am durchstarten mit seinem Goa Act.

Und "some friends".

Ja, bei 50 Minuten sind da auf jeden Fall ein, zwei Freunde drin.

Dann gibt's auch noch eine Party. Was wird uns da erwarten?

Ich hoffe richtig guten Techno und ich hoffe, dass ihr alle viel Spaß mitbringt. Wir habe Ich Du und Harry von Klangkost, Lud Lemon von Mission Minimal, vielleicht Amen&Sebone, wir wissen aber noch nicht, ob der eine Part kommt bzw. kommen bestimmt aber ob er auflegt ist noch nicht ganz klar, das wird noch spannend. Ja, und meine Wenigkeit wird auch am Start sein. [Anm. d. Redaktion: Heute, 7 Juli, 2013; 22 Uhr, Ritterstraße 11. PW: Schund]

So, es geht in den Endspurt. Rauchst du noch?

Ne.

Kaust du noch Kaugummi?

Nein.

Bist du Matesüchtig?

Ey, ich muss weniger... Also im Moment ist es schlimm, ich trink zu viel Mate.

Wie viele am Tag?

Ich weiß nicht. Vielleicht so vier, fünf, sechs Flaschen am Tag?! Bevor ich mit dem Video angefangen habe konnte ich auch noch schlafen.

Stimmt, du bist im Moment den ganzen Tag nur am Schneiden, oder?

Ja, ich sag' ja schon seit einer Woche, dass ich fertig bin.

 Ich hab' gehört, du gehst um 22 Uhr ins Bett und stehst um 2 Uhr wieder auf.

Eigentlich noch krasser. Ich geh' mit Stef um 0 Uhr ins Bett und steh 'ne halbe Stunde später wieder auf, weil mir irgendwas einfällt. [lacht]

Na ja, dann soll es da mal sein. Willst du noch etwas sagen?

Ich freu' mich drauf einfach mal wieder 'nen kleinen Clip zu machen. Danke an meine Mutter Edelgard, meine Brüder Sebastian und Ulf - Ihr habt 'ne Menge mit mir durchgemacht. Danke, Stef, für dein Verständnis und vor allem für deine Objektive Hilfe im Moment. Dir, Bo, für das Interview.